Lexer Interview

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Interview LEXER

Der in Leipzig lebende Produzent Lexer veröffentlichte kürzlich sein drittes Studioalbum “The First Last Day”, ein Album, an dem zwei Jahre gearbeitet wurde, enthält eine Fülle von widersprüchlichen Themen – ein Konflikt, der widerspiegelt, wie Lexer sich fühlte, als er das Album machte. Das Projekt spiegelt das Gleichgewicht wider, das Lexer zwischen den täglichen Herausforderungen und der Schönheit, die er draußen in der Natur erlebt, gefunden hat. Ein Werk wahrer Passion, das ihn sowohl geerdet als auch angeregt hat, neue Inspirationsquellen zu finden, merkt Lexer an…

Hallo Lexer, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, dem DJ-Magazin und seiner Leserschaft ein paar Fragen zu beantworten – es gibt ja auch einen aktuellen Anlass: kürzlich erschien dein drittes Studioalbum »The First Last Day«. In Zeiten, des kurzweiligen Hörgenusses mit einer geringen Aufmerksamkeitsspanne: was ist deine persönliche Motivation, diesen “amtlichen” Longplayer, also in gesamtes Album, herauszubringen?
Hallo zusammen, leider kam es ja 2020 zum ersten Lockdown, somit blieb mir selber als Künstler jede Menge Zeit im Studio. Zudem hatte ich mir schon länger vorgenommen, ein weiteres Album aufzunehmen und zu produzieren. Also kam dieser Lockdown (so blöd es klingen mag) zum richtigen Zeitpunkt und konnte mich endlich 100% aufs Studio und die Produktion fokussieren. Es ist schwer, sich durch das Rumtouren und -Reisen 100% auf so eine Sache zu konzentrieren, also war das meine Chance und habe sie letztendlich genutzt.

Foto: © Tom Thiele

Der Titel des Albums »The First Last Day« klingt ja irgendwie vielsagend, wenn nicht etwas melancholisch oder sogar etwas unheilvoll. Verfolgt das Album eine bestimmte Thematik, von der du uns erzählen möchtest?
Für mich war Anfang 2020 schon ein kleiner Neustart, da ich die Agentur gewechselt und meine musikalische Ausrichtung zum Teil stark verändert habe. Durch den Lockdown ist vielen alles weggefallen, ich war im Prinzip, wie viele andere ohne Arbeit. Da kam mir der Gedanke, dass dies vielleicht mein/unser letzter Tag war, den ich mir natürlich anders vorgestellt hatte. Man solle eben jeden Tag leben, als wäre es dein letzter, im Prinzip. Das Album war für mich immer eine Aufgabe, die mich gestützt und mir Hoffnung gestiftet hat, dass irgendwann dieser „First Last Day“ sein wird. Man wusste ja eben nicht, wie es weitergeht und ob es überhaupt jemals so werden würde, wie vor Covid. Das spiegelt das Album auch wieder. Es steckt einfach 100% Lexer drin, und das ging einfach nur, weil ich mich komplett darauf fokussieren konnte und eine menge Gefühle verarbeiten konnte. 
Released wurde »The First Last Day« auf This Never Happened, dem Label von Deep House-Legende Lane 8. Musikalisch erscheint mir das sehr, sehr passend – Wie kam die Zusammenarbeit mit Daniel aka Lane 8 zustande und gibt es weitere Beispiele für eine künstlerische Zusammenarbeit, an die mit uns teilen möchtest?
Ich erinnere mich noch genau an den Moment. Er schrieb mich direkt nach meinem „Felina“-Release an und schilderte, wie sehr er diesen Track feiere und ob ich nicht Lust hätte, auf seinem Label zu releasen. Es war eine absolute Ehre, so etwas von meinem Idol zu lesen. So kam es zum ersten Release 2020. Als ich ihm dann ein Jahr später die ersten Skizzen des Albums präsentierte, fragte er mich dann auch, ob wir das Album auch auf seinen Label releasen können, und da musste ich nicht zwei mal überlegen.

Foto: © Tom Thiele

In deiner Biografie fallen Schlagworte, wie “Melodic House”, “Deep House” und “dynamischer Techno”. In welcher musikalischen Tradition siehst du deine Wurzeln und wohin hast du dich mittlerweile weiterentwickelt?
Mein neues Album zeigt eigentlich genau diese Evolution. Ich denke, dass „The First Last Day“ seine Vorgänger auf jeden Fall übertrifft, gerade, was meinen musikalischen Fortschritt angeht. Sie sind allesamt sehr stimmig untereinander und stecken voller Emotionen. Dank der tollen Gesänge bringen sie das Album nochmal in eine andere Dimension. Aktuell konzentriere ich mich aber wieder auf clubbige technoidere Tracks.
[…]alles ist (endlich) wieder viel technoider geworden und die EDM- Szene etwas mehr in den Hintergrund gerückt.”
Auch du arbeitest auf deinem Album mit vielen anderen Artists zusammen – wie kommt eine solche Zusammenarbeit in der Regel zustande? Kennt man sich vorher oder schickst du den Künstlern/Künstlerinnen eine Anfrage, wenn du meinst z.B. ihre/seine Stimme würde perfekt zum Track passen?
Daniel (Lane 8, Anmerk. d. Redaktion) fragte mich relativ zu Beginn, ob ich bereit wäre, auch Vocals auf meinen Tracks zu platzieren. Für ein Album empfinde ich das als wichtigen Bestandteil. Besonders erfreut bin ich darüber, eine weitere Collab mit Audrey Janssens gemacht zu haben. Bei den anderen Vocals hat mir das Label viel geholfen. Sie fragten mich nach meinen Lieblingssänger*innen und ich machte eine Liste. Anschließend haben wir, meinen Vorstellungen entsprechend, nach ähnlichen Stimmen und spannenden Talenten gesucht.
Gibt es eine/n Künstler/in, der dir am Anfang deiner Karriere als Vorbild diente? Und gibt es heute einen Artist, mit dem du in Zukunft gerne einmal kollaborieren würdest?
Eigentlich hatte ich nie ein wirkliches Vorbild, da ich musikalisch einfach jedes Genre höre. Als es mehr Richtung Elektronische Musik ging, würde ich sagen, dass ich vermehrt Paul Kalkbrenner gehört habe und er mich musikalisch am meisten überzeugt hat. Mein Ziel war aber immer mein eigener Sound und mich vom Rest abzuheben und dass vielleicht ein paar mich als Vorbild sehen 😉
Neben der Leidenschaft, eigene Musik zu produzieren, muss der/die Musiker/Musikerin heute mehr denn je sich dem Hustle nach Followern und Reichweite beugen und anschließen. Hast du das Gefühl, ganz Allgemein gesehen, dass diese Gegebenheit auf Kosten der musikalischen Qualität geht?
Leider sehe ich das komplett anders. Beugen müssen sollte man sich den Socials nicht, es sollte jedem selber überlassen sein, was er machen möchte. Und am Ende steht doch die Musik im Vordergrund und das die Leute zu Konzerten gehen und den Act live hören. Die musikalische Qualität leidet somit nicht. Und wenn man sich verpflichtet fühlt, ein social Account haben zu müssen, gibt es ja auch Agenturen die so etwas übernehmen.

Foto: © Tom Thiele

Vor dem Hintergrund des “Coversong-Overkills”, den man heutzutage ausgesetzt ist: gab es in der elektronischen Musik deiner Meinung nach in den letzten 10 Jahren eine merkliche Weiterentwicklung, die prägend war und neue Stilrichtungen hervorgebracht hat? Oder bedarf es grundsätzlich neuen Inspirationen, um dem Genre frische Impulse zu geben?
Habe noch nie etwas davon gehört. Also ausgesetzt bin ich dem wohl nicht 🙂 Eine Weiterentwicklung gab es auf jeden Fall. Früher wurde eben mehr gecovered und jetzt wird viel mehr selber Produziert. Auch die Genres haben sich sehr geändert, alles ist (endlich) wieder viel technoider geworden und die EDM- Szene etwas mehr in den Hintergrund gerückt – siehe die Acts auf der Tomorrowland MainStage. Aber das hatte sich angekündigt, und endlich ist es so weit, dass auch Techno auf der MainStage läuft.
Eine Frage, die ich eigentlich jedem produzierendem DJ stelle: bist du eher die Fraktion “Studio-Frickler” oder “Club-/Festival-Abreisser”?
Definitiv zweites.
Kannst du uns schon sagen, wo wir dich 2023 live on Stage oder im Club sehen können? Wird es eine Tour zum Album geben?
Eine direkte Tour zum Album wird es nicht geben. Aktuell steht für Anfang 2023 Touren in Indien, Australien & USA an. Zwischendurch spiele ich aber auch ein paar Shows in Deutschland.
Danke vielmals für die Zeit, die du dir genommen hast – alles gute fürs kommende Jahr und weiterhin viel Erfolg!
Lexer Socials:
Facebook: @Lexer.Official
Instagram: @lexer_official

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