ELKE BRAUWEILER

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Berlin und „ All die schönen Beulen“

Elke Brauweiler meldet sich mit einem Soloalbum zurück.

Mit dem Elektro-Pop Duo »Paula« leistete Elke Brauweiler zusammen mit Berend Intelmann Pionierarbeit und begleitete unseren Redakteur mit ihren Texten von Alltagsängsten und den Mühen des Erwachsenenwerdens durch seine nicht immer zielgerichtete Studentenzeit. Mittlerweile ist Elke Brauweiler als Solokünstlerin aktiv und hat nun ihr erstes Album fertiggestellt. Ein guter Grund, doch einmal genauer nachzufragen. 

Als Elektro-Pop Duo »Paula« hast Du zusammen mit Berend Intelmann in den Nullerjahren die richtig großen Erfolge feiern dürfen. Mit dem Album »Himmelfahrt« und mit Hits wie »Als es passierte« oder »Jimmy« war Paula DAS »Szeneding« und stand sinnbildlich für die innovative Berliner Musikszene und war deshalb vor allem bei Studenten beliebt (die es möglicherweise nicht ganz nach Berlin geschafft haben). Wie viel „Berlin“ hat zum Erfolg beigetragen?
Natürlich beeinflusst einen immer das, was einen umgibt und natürlich ist es auch so mit dieser Stadt Berlin, in der Berend und ich schon lange leben. Aber ich denke, wir hätten auch gar nicht so anders geklungen, wenn wir in Hamburg oder Köln oder vielleicht auf dem Land gelebt hätten. Entscheidend ist sicher auch , wie man groß wurde, wie man sozialisiert wurde und mit welcher Musik man aufwuchs und auch, was man dann bzgl. einer Albumproduktion an Equipment hat.
Wir haben damals einfach mit den Sachen gearbeitet, die in Berends altem Proberaum rumstanden. Das waren z.B. ein Drum Computer aus den 80ern, ein paar analoge Synthies und eine Heimorgel aus den späten 70ern. Und aus Geldmangel haben wir einfach mit dem gearbeitet, was wir hatten und haben damit einen eigenen Sound entwickelt, ohne dabei genau zu wissen, was wir da taten. Dazu kam, dass Berend schon lange tolle deutsche Texte schreiben kann und ich dann einfach mal die Songs gesungen habe, die er zuvor gesungen hatte. Und dabei kam dann Paula heraus.

Gab es Vorbilder?
Blöde Frage… Entscheidend ist wohl, dass wir beide sehr pop-affin waren/sind. Einzelne Künstler kann ich da gar nicht benennen. Denn es gibt so viel tolle Musik und so viele grossartige Bands, die ich sehr mag, dass ich mich da gar nicht entscheiden kann…(lacht).

Foto: Anke Peters

Die Texte, die ich von Paula kenne, handelten vom Alltag, vom Aufstehen, von Ängsten, von der Reise zum Erwachsenwerden… alles Themen, die eher melancholisch anmuten, verpackt aber in einer hoffnungsvollen Melodie. Das scheint in den Nullerjahren sehr viele Menschen angesprochen zu haben. Machen sich die Menschen heute ähnliche Gedanken, was meinst Du?
Es gibt bestimmt viele nachdenkliche Menschen und vielleicht gehört das zum Erwachsenwerden auch dazu. Berend, der die Texte geschrieben hat und auch ich sind beides melancholische Menschen und er hat mir die Texte praktisch auf den Leib geschrieben. Ich finde es generell schön, Songs so zu verpacken, dass sie vordergründig nach vorne gehen, positiv anmuten, aber wenn man genauer hinhört, noch etwas ganz anderes dahinter entdeckt werden kann.
Vielleicht ist das bei der heutigen jungen Generation etwas verloren gegangen…? Viele nehmen sich oder haben nicht die Zeit , sich einfach mal hinzusetzen und sich Gedanken über das Leben oder soziale Umstände oder die politische Lage in der Welt zu machen…
Es ist alles etwas oberflächlicher und weniger tiefschürfend, aber es gibt natürlich auch heute noch genügend Menschen, die sich Gedanken über das Leben machen.

Du/Ihr wart mit Eurer Musik sicherlich Vorbild und Vorreiter für viele Bands die nach Euch kamen?Das hoffe ich sehr!

Ich persönlich mag nicht auf einen schon fahrenden Zug aufspringen und genau das machen, was schon viele andere vor mir getan haben.”

Was denkst Du über die Entwicklung deutscher Musik in den letzten Jahren?
Ich finde die Entwicklung ehrlich gesagt etwas langweilig. Es ist natürlich schön, dass es einen riesigen deutschsprachigen Markt gibt, aber vieles, was ich im Radio höre, ist in meinen Ohren recht mainstreamiger Pop/Rock und da möchte ich mich nicht einreihen. Ich persönlich mag nicht auf einen schon fahrenden Zug aufspringen und genau das machen, was schon viele andere vor mir getan haben. Und auch textlich gibt es auf dem grossen Markt wenig spannendes zu entdecken. Aber es gibt zum Glück auch viele Ausnahmen…

Welche Bands/Künstler sind hervorzuheben?
Da gibt es so einige: Die Höchste Eisenbahn, Gisbert zu Knyphausen, Schnipo Schranke, Husten, And the Golden Choir, Hundreds, BOY, Thees Uhlmann, Olli Schulz und viele viele andere…!

Musikalisch war es in der letzten Zeit eher ruhig bei Dir – kommt nun eine neue Schaffensperiode?Ruhig war es nicht wirklich – ich habe die letzten eineinhalb, zwei Jahre mit dem Album verbracht.

Dein neues Album, welches den Arbeitstitel »All die schönen Beulen« trägt, bringst Du in Eigenregie per Crowdfunding heraus – wie kam es dazu?
Das Album ist eigentlich fertig. Ich habe die Crowdfunding Kampagne gestartet, weil man heutzutage vieles selbst bezahlen muss und eben nicht wie vor 10 oder 20 Jahren ein Budget von einem Label bekommt und die dann einfach sagen “Mach mal”.
Man muss, wenn man nicht gerade ein richtig großer Star ist, alles selbst in die Hand nehmen. Da die Label-Strukturen anders sind als noch vor einigen Jahren und sich auch das ganze Musikbusiness sehr gewandelt hat, muss man einfach neue Wege beschreiten.
So erscheinen meine neuen Songs peu à peu – jetzt erscheint erstmal das neue Video meines Songs “All die schönen Beulen”, welches ich mit der tollen Stephanie von Beauvais gedreht habe und ich werde hoffentlich bei Radio Eins in Berlin gespielt.

Screenshot: startnext.com

Über die Crowfunding-Plattform Startnext.com hat Elke Brauweiler eine Kampagne zur Finanzierung Ihres neuen Albums gestartet – [hier] geht es direkt zu Ihrem Projekt, welches zum Ziel hat, das 11 Songs umfassende Album zu veröffentlichen, zwei Videos zu drehen und Konzerte vorzubereiten.

Ist es in den heutigen Strukturen einfach nötig, auch vermarktungs-technisch kreativ zu werden?Das hat sich in den letzten Jahren so ergeben. Weil sich die Musik-Branche so verändert hat, ist es für viele, selbst für etablierte Künstler, schwer, einfach nur Musik zu machen und kreativ sein zu können. Wenn man Glück hat, ergattert man vielleicht ein Stipendium, was im Bereich Pop-Musik aber nicht häufg vergeben wird. Es gibt Gelder aus Töpfen der GEMA und der GVL, mit denen man ein Album finanzieren kann. Diese sind aber heiss begehrt und somit ist es nicht leicht, diese auch zu bekommen.

Dass das Geld den Künstlern zugute kommt, wird die  DJs freuen, die sich immer darüber beschweren, dass sie GEMA-Gebühren abführen müssen…
(…lacht) Ja, aber die Gelder bekommen auch nur wenige Künstler… Deshalb ist es recht normal geworden, durch beispielsweise Crowdfunding ein Album zu finanzieren.

Kann man Musik heutzutage überhaupt noch als fulltime Job ausüben?
Das kann man schon, ich mache das ja auch. Ich unterrichte nebenbei auch Gesang und Klavier und mache Studiojobs im Bereich Werbung und Albumproduktionen.
Im September bin ich mit dem großartigen Singer-Songwriter José Gonzáles auf Europatour. Ich spiele dort Bratsche. Und ich kümmere mich natürlich um die Fertigstellung und Vermarktung meines neuen Albums.  

Ist das eigentlich Dein erstes Solo-Album?
Ich habe schon einmal an einem Solo-Album gewerkelt, das war 2010/2011. Ich habe in dem Zusammenhang im Jahr 2011 auch ein paar Shows im Vorprogramm von Bosse gespielt. Damals waren meine Songs vielleicht noch nicht gut genug, jetzt bin ich aber selbst da angekommen, dass ich sagen kann, ich mag das, was ich da schreibe!
Zwischen all den Paula Alben habe ich auch ein französischsprachiges Cover-Album aufgenommen.  

Wieviel Berlin steckt heute in Elke Brauweiler? Oder anders gefragt: woher beziehst Du Deine Themen für Deine Musik heutzutage, was inspiriert Dich? Was sind die Themen auf dem neuen Album?
Die Themen sind gar nicht so anders, die Wortwahl ist vielleicht eine andere, weil ein anderer Mensch dahinter steckt. Aber eigentlich sind es auch die kleinen verschrobenen Geschichten und Alltagsbeschreibungen, die immer ein bisschen Raum für Interpretation lassen – das finde ich gut. Ich will einfach nicht weitere, herkömmliche Liebessongs schreiben. Ich will es gerne anders machen, musikalisch wie auch textlich. Und das ist mir hoffentlich auch gelungen, auch wenn die Texte teilweise etwas sperrig sind.? Es ist eine Mixtur aus Autobiografischem und Alltagsbeobachtungen, eine Mixtur aus all dem, was einen umgibt, was man erlebt hat…

Foto: Anke Peters

Musikalisch gehst Du nun eher in Richtung Singer-Songwriter Pop..?
Ja, dem ist wohl so. Aber meine neuen Songs sind jetzt nicht komplett reduziert auf Gitarre und Gesang, es sind einfach Popsongs, die etwas akustischer daherkommen als die Songs von Paula.
Was ich da mache ist hoffentlich zeitgemäß, ich habe mich einfach nicht darum gekümmert, so zu klingen, wie man gerade klingt, sondern habe einfach das gemacht, wozu ich Lust hatte.
Denn daraus entstehen meines Erachtens immer die besten Dinge.
Ich habe einen tollen Produzenten, der auf mich zukam und fragte, ob wir nicht etwas zusammen machen wollen. Daraus ist dann letztlich ein ganzes Album entstanden, obwohl das anfangs gar nicht so geplant war. Er kommt zwar musikalisch aus einer ganz anderen Ecke, aber irgendwie haben wir für uns einen Weg gefunden und daraus ist ein ganz tolles Team entstanden.

In der Vermarktung der Musik spielen Social-Media-Kanäle eine sehr große Rolle. Wie sieht das bei Dir aus?
Ja, Fluch und Segen – zusammen mit einer PR-Spezialistin versuche ich gerade, präsenter zu sein, einen Instagram- und Twitter Kanal aufzubauen. Ohne das geht es heute nicht mehr, nur so und mit täglichen und oder sehr regelmässigen Posts bekommt man Aufmerksamkeit . 

Gibt es schon Tourpläne?
Ja, ich weiß nur nicht wann, weil ich nicht weiß, was jetzt passiert und daher gerade nicht in diesen Kategorien denken kann. Ich bin gerade noch ohne Label und werde jetzt alles einfach step by step machen. Ich werde sicherlich dieses Jahr noch spielen, aber ich weiß noch nicht genau wann…

Liebe Elke, ich danke Dir ganz herzlich für die Zeit, die Du Dir genommen hast, wünsche Dir den größtmöglichen Erfolg und hoffe, dass wir ein bisschen Werbung für Dein Crowdfunding-Projekt und die Menschen neugierig auf Dein Album machen konnten!

Facebook: https://www.facebook.com/ElkeBrauweiler/
Soundcloud: https://soundcloud.com/elkebrauweiler
Twitter: https://twitter.com/elkebrauweiler

 Das Interview führte: André Hallbauer 

 

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